
Frauen in der Arbeitswelt IT-Beratung: Was du vor deinem Berufseinstieg unbedingt wissen solltest
Ein gelungener Start beim neuen Arbeitgeber kommt nicht von ungefähr. Hier ein Blitzlicht der zwei Beraterinnen Anna und Jessica. Ein Gastbeitrag von Katrin Busch-Holfelder, Keynote Speakerin, Autorin und Business Coach
Jessica ist Unternehmensberaterin. Seit sechs Jahren arbeitet sie für ein größeres Beratungshaus. Die eher formelle Kleidung und hierarchischen Strukturen der verschiedenen Beratungsstufen sind für sie inzwischen Alltag. Durch die verschiedenen Projekte hat sie viele unterschiedliche Organisationen kennengelernt. Nach wie vor freut Jessica sich, Neues zu lernen und in verschiedene Unternehmenswelten einzutauchen. Als Wirtschaftspsychologin liegt ihr Fokus auf den einzelnen Menschen, das Miteinander und den Prozessen der Veränderung. Sie weiß, worauf sie in welcher Unternehmenskultur besonders achten muss, wo die Stellschrauben liegen und in welchen Bereichen sie behutsam agieren muss.
Anna als Berufsstarterin staunte, als sie nach ihrem Vorstellungsgespräch direkt einen Tag auf Probe arbeiten konnte. Im Studium absolvierte sie mehrere Praktika in traditionellen Unternehmen – mit klaren Hierarchien, Organigramm und definierten Stellenbeschreibungen. Selbst für sie als Praktikantin gab es fast immer eine Stellenbeschreibung sowie einen Ordner, der klar vorgab, welche Bereiche sie wann und in welcher Form kennenlernen sollte. So weit, so gut. Was sie aber in diesem Unternehmen vorfand, hatte sie noch nie erlebt … das war etwas Neues: Sneaker-Kultur, agiles Arbeiten. Sie fühlte sich wie in einer anderen Welt, einer Unternehmenswelt, die ihr noch fremd war.
Wie gut, dass sie Jessica als Mentorin hatte. Anna fragte die erfahrene Beraterin, wie sie sich gut auf den neuen Job vorbereiten könnte. Jessicas erster Hinweis war, dass sie die Anfangstage in erster Linie fragen, zuhören und verstehen solle und Beziehungen wichtiger als Inhalte seien. Außerdem nahm sich Anna folgenden Tipp von Jessica zu Herzen: „Mach dich schlau über die neue Arbeitswelt und agile Methoden. Das hilft dir, deine Kolleginnen und Kollegen besser zu verstehen und entspannt dich enorm.“ Also informierte Anna sich wie empfohlen im Vorfeld über relevante agile Methoden und über die Grundgedanken von New Work. Hiermit hatte sie im Studium keinerlei Berührungspunkte – und nun sprach ihr neuer Arbeitgeber von einem Aufbruch in die neue Arbeitswelt …
Was Durchstarter über die neue Arbeitswelt wissen müssen
Agilität & Mindset: Agilität bedeutet vor allem Flexibilität – also die Fähigkeit von Menschen und Organisationen, sich schnell und effektiv auf Veränderungen einzustellen und entsprechend zu reagieren. Unter Mindset verstehen wir die eigene Denkweise oder Haltung. Im agilen Kontext wird ein offenes, wachstumsorientiertes und flexibles Mindset benötigt. Lernen ist jederzeit möglich, so die Einstellung, Fehler sind Teil des Lernprozesses und iteratives Vorgehen notwendig, um den Kunden, der radikal im Mittelpunkt steht, zufriedenzustellen.
Design Thinking & Scrum: Eine Vorgehensweise, die viel kreatives Potenzial besonders am Anfang von Produkt- oder Serviceentwicklung fördert, ist Design Thinking. Ziel dabei ist, mit einem interdisziplinären Team möglichst herausragende Innovationen und Ideen zu entwickeln – gerade dann, wenn noch nicht klar ist, was eigentlich entwickelt werden soll. Der Kunde wird in den Entwicklungsprozess intensiv miteinbezogen und aktiv nach seinen Bedürfnissen befragt. Anwender der Methode beobachten das Kundenverhalten und berücksichtigen das eingeholte Feedback sowohl im Entwicklungsprozess als auch bei der Erstellung eines Prototyps. Das Prinzip der Iteration ist ein wesentliches Element im Design-Thinking-Prozess.
Scrum hingegen ist eine agile Entwicklungsmethode bei vorhandener Produktidee. Scrum folgt dem Leitmotiv, dass eine kleinteilige Vorgehensweise bei komplexen Projekten sinnvoller ist, als große Projektbausteine zu bearbeiten. Die Nutzertauglichkeit des Produktes wird durch den iterativen Prozess sichergestellt, beziehungsweise durch sogenannte Sprints (definierte Arbeitspakete) inkrementell verbessert. Am Anfang des Sprints, circa ein bis maximal vier Wochen, steht eine priorisierte Liste mit Anforderungen: das Product-Backlog (Produkt-Ideenspeicher). Ein festes Regelwerk und klar definierte Rollen (wie Scrum Master) sorgen dafür, dass die Schritte synchronisiert erfolgen. Nachbesprechungen (Retrospektiven), Teammeetings (Dailys und Retros) finden in kurzen und klar definierten Abständen statt. Das Besondere ist, dass in der Retrospektive auch der Arbeitsprozess selbst reflektiert wird. Das Kanban-Board (Whiteboard mit Themen und Arbeitsstatus des gesamten Projektes) schafft allen den gleichen Informationsstand und ist Arbeitsmittel zugleich.
Und was genau bedeutet „New Work“?
Die Formulierung „New Work“ hebt den Arbeitsbegriff auf eine neue Ebene. Betrachtet man Arbeitgeber, die sich mit dieser Art der Arbeit beschäftigen und diese auch umsetzen, erkennt man schnell den Unterschied: Hier steht kein klassisches Hierarchiedenken im Mittelpunkt, sondern die Bedürfnisse der Mitarbeiter. Das wichtigste Führungsinstrumentarium ist Vertrauen und eine gelebte Vertrauenskultur. Wenn Menschen zudem wissen, welchen Sinn ihr Job hat und welche positiven Effekte damit einhergehen, sind sie erfüllter und glücklicher. Freiheit, Selbstbestimmung und Teilhabe an der Gemeinschaft sind weitere Säulen der neuen Arbeitswelt. Menschen empfinden Arbeit als sinnvoll, wenn sie etwas Bedeutsames machen und zu etwas Größerem beitragen. Wenn sie sich zugehörig fühlen, die persönlichen Werte erfüllt werden und sie sich mit den Zielen des Arbeitgebers identifizieren können.
Nach den ersten Wochen resümierte Anna für sich, dass gerade der zweite Tipp ihrer Mentorin ihr geholfen hatte, im Job leichter Fuß zu fassen. So hatte sie die Möglichkeit, sich stärker auf die Beziehungen zu konzentrieren, statt sich an für sie ungeläufigen Begriffen festzubeißen. Sie war viel entspannter, da sie wusste, was auf sie zukam. Die neue Art zu arbeiten, begeisterte die Inhouseberaterin. Ihre Empfehlung lautet daher an jeden Berufsanfänger: Such dir eine Mentorin oder einen Sparringspartner. Das gibt dir ein Gefühl der Sicherheit und die Möglichkeit für Fragen und Feedback im geschützten Raum.
*Kleine Gender-Fußnote*: Selbstverständlich meine ich stets Damen und Herren, auch wenn ich mich – der besseren Lesbarkeit geschuldet – an vielen Stellen im Text nur auf eine Form beschränke. Es sind alle Menschen damit gemeint, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität.
Katrin Busch-Holfelder
Katrin Busch-Holfelder ist Expertin für die Zukunftsfähigkeit von Menschen und Organisationen in Zeiten des Wandels. Als Keynote-Speakerin, Autorin und Business-Coach begleitet sie Unternehmen und Menschen bei der Lösung beruflichen Herausforderungen und hilft ihnen, ins Handeln zu kommen und die eigenen Kräfte zu aktivieren. Dabei greift sie auf ihre mehr als 20-jährige Berufserfahrung in internationalen Konzernen und im öffentlichen Dienst zurück. Mehr Informationen unter www.busch-holfelder.de
Das Buch zum Thema
Katrin Busch-Holfelder // Zukunftsfähig im Job
Chancen erkennen und gelassen in die neue Arbeitswelt starten
GABAL Verlag
zukunftsfaehig-im-job.de
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