Fünf Tipps zur erfolgreichen Positionierung: Ein Gastbeitrag von Susanne Mathony
Fragt man mich, was ich tue, antworte ich: Reputationsbodyguard. Ich baue Menschen als starke Marke auf und beschütze sie und ihren Ruf. Seit mehr als zwei Jahrzehnten mache ich das mit Leidenschaft vor allem im Professional Services. Spätestens als ein Partner bei Andersen Consulting – heute Accenture – mir ein hochkomplexes Problem auf einer Serviette in der Kantine simplifizierte, ist die Branche meine Heimat.
// Ein Beitrag von Susanne Mathony, Geschäftsführerin von Mathony Brand Strategists //
Bislang waren es primär Männer, die mich bei Interviews, dem WEF oder für ihr Personal Branding auf LinkedIn an ihrer Seite wissen wollten. Männer, weil die Country Manager oder Practice Leads meistens Männer waren/sind. Frauen an der Spitze waren nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Das ändert sich zunehmend.
Gender-Parität: Die gibt es in der Beratungswelt noch nicht
Laut BDU stellen Frauen zwar 43 Prozent der Juniorberater, aber nur 19 Prozent der Leitungsfunktionen. Die WGMB nimmt für die Top-Beratungen sogar nur 15 Prozent Frauen auf der Top-Ebene an.
Weder bei McKinsey, noch BCG oder Bain ist bislang eine Frau Global CEO. Bei Accenture dagegen lenken gleich zwei Frauen die Geschicke: Julie Sweet als Global CEO und Christina Raab als neue DACH-Chefin.
Warum ist der Karriereweg von Frauen im Consulting kein Selbstläufer?
Als Frau mit Ambitionen beschäftigt es mich doppelt: Warum gibt es so wenig Frauen an der Spitze? Länger als ein Jahrzehnt war das eine meiner Hauptfragen im EMEA-Appraisal Committee von Booz, heute Strategy&.
Natürlich, eine 70-Stunden-Woche verkompliziert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dennoch ist es multifaktoriell. Als wir Mercer beauftragten, 3.000 Appraisals nach Gründen zu durchforsten, kam unter anderem heraus: Festgefahrene Rollenmuster, Selbstzweifel bis hin zum Impostor-Syndrom oder geringeres Networking.
Gebe ich heute Female Empowerment-Workshops im Consulting, erlebe ich darüber hinaus Aspekte wie:
• Perfektionismus
• Besorgnis, auf das Äußere reduziert zu werden
• Das „Women don’t ask“-Phänomen; das heißt die Zurückhaltung im Glauben, die Projektarbeit spräche für sich.
Vier Trends, die sich zugunsten von Frauen im Professional Services auswirken können
1. Die massive Beraterlücke: Addiert wollen die Top Ten der Consultants und Wirtschaftsprüfungen 27.000 Stellen besetzen. Aber: Laut Trendence haben die Großen der Branche an Ansehen verloren. Wer sein Wachstum nicht gefährden will, kann sich jedoch dem größten Talentpool der Welt – Frauen – nicht verschließen.
2. Immer mehr Klienten pochen auf gemischte Teams. Das heißt, Berater können weder wichtige Pitches ohne starke Frauen gewinnen, noch Langläufer-Projekte ohne diese führen. Laut Source Global sind für 72 Prozent der Klienten auf C-Level genderbalancierte Teams für die Beauftragung von Consultants entscheidend.
3. Die Pandemie hat das Arbeitszeitmodell 5/4/3 ausgehebelt. Der Erfolg von #remotework macht hybride Arbeitsformen zum #nextnormal.
4. Die Klimakrise kommt auch im Professional Services an. „Bis zu 60 Prozent weniger: Beraterfirmen verzichten nach Corona auf viele Dienstreisen“, titelt das Handelsblatt. Danach wollen etwa McKinsey und BCG ihre Dienstreisen bis zu 30 Prozent bis 2025 senken. Roland Berger sogar um 40 Prozent bis 2028.
Zusammengenommen spielt dieses alles in die Hände von Frauen. Ihre Chancen sollten sich also verbessern!
Wer nach oben will, für den ist Sichtbarkeit unverzichtbar
„Wer nicht redet, wird nicht gehört!“ – sagte Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt. Gehört werden und Karriere korrelieren also. Hier ist die eigene Sichtbarkeit ein wichtiger Hebel, den Frauen selbst in der Hand haben. Diese Sichtbarkeit hat nichts mit Eitelkeit zu tun: Sie hilft in der internen wie externen Positionierung. Und beim New Business! Wieso? 41 Prozent der Visible Experts verzeichnen Umsatzsteigerungen und Neugeschäft.
In meinen Mandaten treffe ich Beraterinnen, die skeptisch sind, ob sie ein ‚Visible Expert‘ werden sollten, also eine Expertin mit hohem Bekanntheitsgrad und einem überzeugenden Ruf für spezifisches Fachwissen.
Aber: Der Marketing- und Brandingspezialist Hinge belegt mess-bare Returns für individuelle Sichtbarkeit. Danach sagen 46 Prozent, ihr eigenes ‚Gesicht zeigen‘ habe auf ihre Personal Brand eingezahlt. 38 Prozent, es habe ihre Glaubwürdigkeit erhöht und Reputation gestärkt.
Fünf Tipps zur wirksamen Sichtbarkeit für die erfolgreiche Karriere im Professional Services
1. „Umparken im Kopf“ als erster wichtiger Schritt
Belén Garijo, die erste weibliche CEO im DAX30, fordert „Ab und zu muss man die Hand heben und Verantwortung übernehmen“. Frauen sollten ihre Ambitionen offen zeigen. Besonders junge Frauen ‚würden sich häufig viel zu klein machen.‘ Dies ist auch eine Einladung an Beraterinnen, die eigene ‚Hand zu heben‘ – beim Appraisal, beim wichtigen Projekt oder der Mentorenwahl. Noch bedeutet dies #ChoosetoChallenge.
Denn laut einer Kearney-Studie von Johanna Tybus, Katharina Moll und Janine Bacher haben Frauen weiter zwei Barrieren im Kopf:
• 66 Prozent der Frauen glauben, dass erfolgreiche Frauen weniger ihre weiblichen Charakteristika zeigen.
• 85 Prozent passen ihr Verhalten im Job an, um weniger weiblich zu wirken.
Wenn ich auf erfolgreiche Frauen – und meine eigene Historie – blicke, sage ich: Wagen Sie (mehr) Weiblichkeit. Schütteln Sie Ihr mögliches Impostor-Syndrom ab. Schätzen Sie Authentizität als Kraftquelle.
2. Werden Sie zur unverwechselbaren Marke
Professional Services wird zur Commodity. Letztlich gilt das auch für Berater*innen. Da hilft nur eines: Werden Sie schon früh zur Marke! Seien Sie das unverwechselbare Gesicht, das wichtige Stakeholder inhouse wie exhouse wahrnehmen.
Wichtig dabei: Suchen Sie sich die richtige Themen und wissen um den ‚unconcious bias‘. Laut „Von Star-Gründerinnen und Quotenfrauen“ dominieren noch stereotyp weibliche – ‚weiche‘ – Themen in deutschen Leitmedien: Sechsmal so häufig wie Männer werden Managerinnen als Privatperson angesprochen. In jedem vierten Interview wird das Geschlecht der Gesprächspartnerin thematisiert. Bei Männern ist es nur jeder hundertste. Männlich konnotierte Führungseigenschaften, wie taktisch oder selbstsicher, bewerten Journalist*innen bei Managerinnen besonders kritisch.
Den von mir betreuten Beraterinnen rate ich: Seien Sie sich des Bias bewusst. Lassen Sie sich nicht (oder nur wohldosiert) auf stereotype ‚Frauenthemen‘ ein. Bestimmen Sie Ihr eigenes Narrativ.
Vereinfacht formuliert: Nicht das Interview zu ‚Women in Consulting‘ macht Sie zur Marke. Eine klare Meinung zu Zukunftsthemen schon. Als Leuchtturm-Beispiele seien hier Verena Pausder – Digitalisierung und Bildung – oder Marie-Christine Ostermann – Unternehmertum – genannt. Für die Branche ist es etwa Angelika Huber-Straßer, Managing Partner und Regionalvorständin Süd der KPMG in Deutschland mit dem spannenden Themenmix aus CEO-Agenda, Automotive, Nachhaltigkeit und Female Leadership.
3. Pflegen Sie Ihr Personal Branding auf LinkedIn
Menschen folgen Menschen. Daher führt der Weg zur Spitze auch über ein Social Me auf LinkedIn. Matthias Tauber (BCG) macht es. Martin Eisenhut (Kearney) macht es. Warum nicht auch Sie? So positionieren Sie sich nicht als abstrakte Marke, sondern als Mensch und ‚Beraterin of choice‘.
Auch eine Nicht-Präsenz auf LinkedIn ist eine Aussage. Und sei es nur gegenüber der Einkaufsabteilung oder dem Unternehmen, in dem Sie ein großes Projekt leiten.
Also nehmen Sie Ihr Personal Branding in die Hand. Vielleicht ja auch mit Hilfe von modernem Storytelling. Für den Start langt es, täglich 20 Minuten in Ihr LinkedIn-Positioning zu investieren. Dabei gezielt andere Frauen zu taggen, um Reichweiten zu teilen und zu erhöhen, ist gelebte Kommunikationssolidarität.
4. Nutzen Sie PR und Thought Leadership zum gezielten Eigenmarketing
Auch die klassischen Kommunikationskanäle wie PR gilt es, zu bespielen. Egal, ob DAX-Konzern oder Professional Services-Player: Alle müssen Themen besetzen und erstellen dazu Studien und Presse-Statements. Hier ist es nur opportun, wenn Frauen Sichtbarkeit anstreben.
Noch erhalten laut Unicepta Top-Managerinnen in Deutschland nur ein Viertel der gesamten Mediencoverage. Männer hingegen drei Viertel. Dabei sind Frauen mit einem anderen Themenset präsent. Zentrale Zukunftsthemen – etwa Digitalisierung – landen abgeschlagen. Hier existieren genau 16 aus insgesamt 2.222 Artikeln. Das langt nur für Rang 27.
Smarte Beraterinnen besetzen zukunftsrelevante Themen. Gehen Sie auch auf Panels. Veranstalter können sich keine ‚Manels‘ – also Veranstaltungen mit ausschließlich männlichen Sprechern – mehr leisten.
5.Vernetzen Sie sich. Und: Lassen Sie sich coachen
Beraterinnen, die ob dieser Sichtbarkeitsagenda schlucken, rate ich: Machen Sie es wie Ihre männlichen Kollegen. Holen Sie sich kompetente Unterstützung für das, was Sie (noch) nicht perfekt können. Gerade Männer sind exzellent im Vernetzen und im Einsatz externer Experten. Das können Frauen noch intensiver nutzen.
Sowie last but not least: Denken Sie an das #strongertogether-Momentum! Jede erfolgreiche, sichtbare Beraterin ist ein Vorbild, die mit anderen ihre Erfahrungen teilt. So ziehen sie nicht nur weitere weibliche Talente mit nach oben, sondern agieren als Mentorin und Leuchtturm.
Susanne Mathony, Mathony Brand Strategists
Susanne Mathony ist Geschäftsführerin von Mathony Brand Strategists, eine internationale Marketing- und Kommunikationsberatung mit dem Schwerpunkt auf Professional Services. Unter den Klienten finden sich Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Anwaltskanzleien sowie Executive Search. Als internationale Kommunikationsexpertin blickt sie auf mehr als zwei Jahrzehnte Führungserfahrung im Professional Services zurück. Auf DACH und EMEA-Ebene arbeitete sie unter anderem für Andersen Consulting (heute Accenture), AlixPartners, Booz & Company (heute Strategy&) sowie Russell Reynolds Associates.
Dieser Beitrag ist auch erschienen in der Printausgabe
junior //consultant 3-2021 Oktober bis Dezember 21
4 Kommentare
Pingback: Christina Raabs (Accenture) starkes Auftaktinterview in der WirtschaftsWoche
Pingback: Sei kein Hirsch: Warum smarte Consulting-CEOs ihre Juniors ermächtigen
Pingback: Kathrin Kammer: "Bei Roland Berger sind die Menschen das Wichtigste"
Pingback: "Fordern geht für uns nicht ohne fördern"- Bernhard Sohnke